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Viola Holthöfer

Unsere häufigsten Denkfehler

Denkfehler erkennen

Denkfehler oder Kognitive Verzerrungen, wie sie in der Psychologie genannt werden, tragen häufig zur Aufrechterhaltung psychischer Störungen wie z.B Depressionen oder Angststörungen bei. 

Aber auch wenn wir psychisch gut aufgestellt sind, werden wir feststellen, dass unser Denken mitunter fehlerhaft sein kann. Diese Denkfehler treten häufig in zwischenmenschlichen Beziehungen auf und können uns den Alltag erheblich erschweren.

Das Erkennen dieser Denkfehler ist ein erster Schritt dahin wahrzunehmen, dass unser Denken sehr oft nicht der Realität entspricht und auch nicht immer wahr sein muss. 

Erst wenn wir unsere fehlerhaften Denkmuster erkennen, haben wir die Möglichkeit unser Denken zu hinterfragen und der Realität anzupassen. Dies kann langfristig zu mehr Gelassenheit im Alltag und einer gehobenen Gestimmtheit beitragen. Deswegen möchte ich die 7 häufigsten Denkfehler hier einmal vorstellen.

Denkfehler Nummer 1 – „Alles oder Nichts Denken“

„Alles oder Nichts Denken“, auch als „Schwarz-Weiß-Denken” bekannt, ist eine sehr kompromisslose Art zu denken. Schwarz oder weiß, gut oder schlecht, schön oder hässlich. 

Beispiele für typisches „Alles-oder-Nichts-Denken“:

  • Ich mache immer alles falsch und nie etwas richtig.
  • Wenn du mir nicht zuhörst, liebst du mich auch nicht. 
  • Wenn ich nicht 100% Leistung erbringe, habe ich versagt.

Wer dieses Denkmuster verinnerlicht hat, kennt meist nicht viel Spielraum zwischen diesen Extremen. Diese Art zu denken zieht häufig belastende Emotionen nach sich, die wiederum neue destruktive Gedanken auslösen können. Schnell stecken wir dann in einer Grübelschleife fest, aus der wir uns nur schwer wieder befreien können.

Jedoch sollten wir nicht vergessen, dass es zwischen Schwarz und Weiß noch viele Grautöne gibt. Diese gilt es zu erkennen und als neue Optionen wahrzunehmen.

Denkfehler Nummer 2 – „Katastrophisieren“ 

Bei diesem Denkfehler treffen wir häufig negative Vorhersagen ohne andere, wahrscheinlichere Optionen in Betracht zu ziehen. 

Wir gehen fest davon aus, dass eine Sache nicht gut ausgehen wird und rechnen mit dem schlimmstmöglichen Ausgang einer Situation. 

Beispiele für typisches „Katastrophisieren“:

  • Ich werde das niemals schaffen. 
  • Bestimmt passiert etwas schlimmes. 
  • Es wird nie wieder besser. 

Wenn wir zu diesem Denkfehler neigen, können wir uns innerhalb von Sekunden vom Paradies in die Hölle denken. Diese Art zu denken zieht häufig belastende Emotionen nach sich, die wiederum neue destruktive Gedanken auslösen können. Schnell stecken wir dann in einer Grübelschleife fest, aus der wir uns nur schwer wieder befreien können.

Jedoch sollten wir nicht vergessen, dass wir keine Kristallkugel haben und keine gültigen Vorhersagen über den Ausgang einer in der Zukunft liegenden Situation treffen können. 

Denkfehler Nummer 3 – „Positives abwerten”

Bei dieser kognitiven Verzerrung geht es darum, dass Positives in unserem Alltag kaum wahrgenommen wird. Wir legen unseren Fokus vorrangig auf alles was nicht so gut läuft. Dabei übersehen wir die positiven Aspekte oder nehmen diese als selbstverständlich wahr. 

Wenn wir einer Situation doch etwas positives abgewinnen können, machen wir dies häufig klein oder schreiben den Erfolg dem Zufall zu. Dabei übersehen wir, dass wir sehr wohl unseren Teil dazu beigetragen haben.

Beispiele für „Positives abwerten“:

  • Ich habe die Prüfung zwar geschafft, aber das war ja auch Glück.
  • Ich habe nichts erreicht in meinem Leben.
  • Es wird überhaupt nicht besser. 

Wenn ich solche Aussagen in meiner Praxis höre, frage ich bei meinen Klient/-innen noch einmal genau nach. 

  • „Es war also reines Glück, dass Sie die Prüfung geschafft haben? Sie haben selber nichts dazu beigetragen?“
  • „Sie haben noch gar nichts erreicht? Und was ist mit Ihrem Schulabschluss, Ihrem Führerschein, die Fortschritte hier in der Therapie…“
  • „Wird es wirklich gar nicht besser oder ist es nur noch nicht so gut wie erwartet/erhofft?“

Ich möchte mit meinen Nachfragen nichts schönreden. Wenn etwas noch nicht optimal läuft, darf und soll dies auch benannt werden. Aber wem dieser Denkfehler vertraut ist weiß, dass wir das Positive häufig nicht wahrnehmen können und den Fokus zu sehr auf Defizite legen. 

Denkfehler Nummer 4 – „Gefühle als Beweis“ 

Diese kognitive Verzerrung wird auch „Gefühlsdenken“ genannt.

Wir nehmen unsere Gefühle als Beweis dafür, dass eine bestimmte Situation oder eine unserer Sichtweisen der Wahrheit entsprechen muss. 

Beispiele für typisches „Gefühlsdenken“:

  • Ich fühle mich ängstlich, das bedeutet, dass es einen Grund für meine Angst gibt und sie berechtigt ist.
  • Ich fühle mich abgelehnt und ausgegrenzt, also werde ich abgelehnt.
  • Ich habe das Gefühl nicht zu reichen, das beweist, dass ich nicht reiche.
  • Ich fühle mich ungeliebt, das zeigt mir, dass mich keiner liebt. 

Wir sollten hier einmal die „Realitätsbrille” aufsetzen und unsere Gedanken hinterfragen:

  • Wenn wir z.B. Angst vor einer Spinne haben, ist die Angst objektiv betrachtet dann wirklich berechtigt? Besteht wirklich eine Gefahr für Leib und Leben?
  • Werden wir wirklich ausgegrenzt? Oder kann das zurückhaltende Verhalten der betreffenden Person auch andere Gründe haben? Vielleicht eigene Sorgen und Probleme?
  • Wenn wir das Gefühl haben nicht zu reichen, bedeutet das in erster Linie, dass wir von uns selber denken, dass wir nicht reichen. Es beweist aber nicht, dass wir unserem Gegenüber nicht reichen. 
  • Wenn wir uns häufig ungeliebt fühlen, liegt diesem Gefühl häufig ein tiefer Glaubenssatz zugrunde. Wir glauben unserem Gegenüber dann häufig seine Liebesbekundungen nicht, unabhängig davon wie ernst sie gemeint sind.

Wenn wir zu diesem Denkfehler neigen, sollten wir beginnen unsere Gedanken regelmäßig einem Realitätscheck zu unterziehen. Wir sollten achtsam auf unsere eigenen Interpretationen sein und lernen, dass unsere Gefühle kein gültiger Beweis für unsere Gedanken sind. 

Denkfehler Nummer 5 – „Gedankenlesen“

Bei dieser kognitiven Verzerrung geht es darum, dass wir glauben zu wissen was eine andere Person oder auch mehrere Personen über uns denken. Ich möchte behaupten, dass fast jeder von uns diesem Denkfehler schon einmal unterlegen ist. 

Diesen Denkfehler kann ich am Besten mit einer kurzen Geschichte veranschaulichen. 

Sie stammt von Paul Watzlawick aus dem Buch „Anleitung zum Unglücklichsein“.

Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar ihm den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er ihn nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber vielleicht war die Eile nur vorgeschützt, und er hat etwas gegen ihn. Und was? Er hat ihm nichts angetan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von ihm ein Werkzeug borgen wollte, er gäbe es ihm sofort. Und warum sein Nachbar nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen ausschlagen? Leute wie der Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet der Nachbar sich noch ein, er sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht’s ihm aber wirklich. Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch noch bevor er „Guten Morgen“ sagen kann, schreit ihn unser Mann an: „Behalten Sie Ihren Hammer, Sie Rüpel!“

Durch diesen Denkfehler sind schon unendlich viele Konflikte entstanden und sogar Freundschaften/ Partnerschaften zerbrochen. Aus diesem Grund sollten wir auf dieses Denkmuster besonders achtsam sein. 

Sobald wir merken, dass wir interpretieren was unser Gegenüber denkt, sollten wir dies konsequent unterbrechen. Denn so lange wir nicht aktiv selber nachgefragt haben, können wir niemals genau wissen was in unserem Gegenüber vorgeht.

Denkfehler Nummer 6 – „Personalisierung“ 

Bei dieser kognitiven Verzerrung geht es darum, dass wir negative Ereignisse einseitig auf uns beziehen ohne auch andere Optionen in Erwägung zu ziehen. 

Beispiele für „Personalisierung“:

  • Ich bin schuld, dass meine Eltern sich getrennt haben.
  • Mein Kind ist nicht gut in der Schule, ich habe versagt. Ich bin eine schlechte Mutter/ ein schlechter Vater.
  • Wenn sich mein Partner/ meine Partnerin getrennt hat, liegt das wohl daran, dass ich nicht genug für die Beziehung getan habe/ nicht reiche/ nicht gut genug bin o.ä. 

Wir übernehmen zu viel Verantwortung für Geschehnisse auf die wir nur bedingt Einfluss haben. Dies geht häufig mit dem Gefühl der Schuld oder des Versagens einher. 

Sobald wir merken, dass wir personalisieren, lohnt es sich auch hier einmal gedanklich die Perspektive zu wechseln. 

Wenn wir einer guten Freundin/ einem guten Freund die Situation erzählen würden, was wäre dann unsere Einstellung zu den Geschehnissen? 

Wahrscheinlich würden wir eher folgendes sagen: 

  • „Das sich deine Eltern getrennt haben, liegt in erster Line in deren Verantwortung und nicht in deiner.”
  • „Du kannst dein Kind bestmöglich unterstützen und fördern, dennoch bist du nicht für die Leistungen deines Kindes verantwortlich. Es sagt nichts darüber aus, ob du eine gute Mutter/ ein guter Vater bist.“
  • „Bist du ganz alleine für das Gelingen eurer Beziehung verantwortlich? Du bist gut so wie du bist und du musst niemandem reichen.“
Denkfehler Nummer 7 – “Müsste- und Sollte Tyranneien”

Diese kognitive Verzerrung ist häufig ein Grund für Stress, Überforderung und Selbstabwertung. Ständig ist da dieses leise Hintergrundrauschen im Kopf welches uns suggeriert, wir sollen dies oder jenes tun, leisten oder sein.

Beispiele für „Müsste- und Sollte Tyranneien“:

  • Ich sollte eine bessere Mutter/ ein besserer Vater/ eine bessere Freundin/ ein besserer Freund sein.
  • Ich müsste dicker/ dünner/ attraktiver/ intelligenter sein.
  • Ich sollte mehr leisten/ mehr verdienen/ mehr besitzen.
  • Ich muss mich anpassen/ Erwartungen erfüllen, um geliebt zu werden. 

Es ist wichtig zu erkennen, dass wir uns diese Regeln meistens selber auferlegen. Es handelt sich hierbei vielmehr um unsere eigenen perfektionistischen Ansprüche an uns selbst, wie um die Erwartungen unseres Umfeldes. Viele dieser Denkmuster haben wir bereits in der Kindheit von unseren engsten Bezugspersonen übernommen. Aber wir können reflektieren, ob diese Ansprüche heute für uns noch von Bedeutung sind. 

Ungünstige Denkmuster bewusst machen

Häufig laufen die hier vorgestellten Denkfehler so unbewusst ab, dass wir diese nicht einmal wahrnehmen. Was wir jedoch sehr wohl wahrnehmen, sind die negativen Emotionen die mit ihnen einhergehen. Der erste und wichtigste Schritt ist es, sich diese destruktiven Denkmuster bewusst zu machen.

Wenn diese Denkmuster starken Stress und hohes emotionales Leid verursachen, kann für diesen Prozess eine professionelle Unterstützung sehr hilfreich sein. Gerne erarbeite ich mit Ihnen individuelle Lösungswege und Strategien, um besser mit diesen kognitiven Verzerrungen umgehen zu können und langfristig eine realistische Sichtweise zu etablieren. 

Unterstützung erhalten

Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten wie man mit automatisch ablaufenden Gedanken umgehen kann, schauen Sie gerne meinen Blogbeitrag “Wieso fühle ich mich schlecht?” In diesem Beitrag finden Sie einen 3-Schritte Plan um sich Ihre automatisch ablaufenden Gedanken bewusst zu machen.

Auch die Arbeit mit unserem Inneren Kind, kann sehr hilfreich sein und dazu beitragen, mit unseren alten, festgefahrenen Denk- und Verhaltensmustern besser umgehen zu können. Wenn Sie mehr dazu erfahren möchten, klicken Sie gerne hier “Das Innere Kind”

Wenn Sie Fragen zu dem Thema haben oder einen Termin mit mir vereinbaren möchten, können Sie gerne hier Kontakt mit mir aufnehmen. Ich freue mich auf Ihre Nachricht. 

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